Hallo Fremder oder doch eher ein herzliches Willkommen ! ?

So eine Eröffnungsseite wurde nicht deswegen erfunden, um auf ihr sogleich und unvermittelt gewisse Daten zu präsentieren, auch taugt sie kaum dazu, dem Willkommensgruß einen tieferen Sinn zu verleihen. So lassen sie mich jetzt diesen freien Raum für eine kleine Geschichte nutzen.

Warme Luft zog mit den Wolken über die unberührten Wälder hinweg. Schließlich flog sie über die Lichtung um sich dann an einer kargen Steinwand zu verwickeln. Wenn dies geschah, ließ die Luft gelegentlich ein tiefes Fauchen hören, was den Bewohnern immer sagte: Sie waren zu Hause. Denn am Rande der Lichtung verschwand wieder einmal eine Gruppe von Menschen in den dichten Wald hinein. Sie selbst und ihre Frauen, die vor dem schwach erhellten Höhleneingang saßen, hofften auf eine erfolgreiche Jagd. Ein Mann aber war in der Höhle geblieben, im dunklen Schein des Feuers war er indes dabei, die unausgesprochenen Gesetze der Sippe zu brechen. Eine stark behaarte Hand griff zum Feuer, um sich ein verkohltes Scheit heran zu holen. Unter kratzenden Tönen zog sie damit die ersten Linien. Der Mann hatte nicht viel Zeit, und die Bewegungen verlangten unvermutete Genauigkeit.
Die Sonne war sichtlich gewandert, eine Frau hatte bemerkt was er trieb, schlug die Hände über ihren Kopf und holte mit Rufen die anderen ins Innere. Der Mann ließ sich nicht einen Moment von den klagenden Weibern stören, die gespannten Falten im Gesicht ließen nicht locker, er arbeitete weiter. Auch die Sonne schritt weiter und nährte sich dem Horizont, der sie jeden Tag zu fressen schien.
Gleich war er fertig, auch wenn er jetzt dieses und jenes weiter dort oder hierhin gesetzt hätte, ganz zu schweigen von noch so manch anderer Stelle. Nun war es ohnehin egal, denn die Weiber schrien bereits den heimkehrenden Männern ihre aufgebrachten Töne entgegen. Der Wind fauchte und drang in die Höhle, er strömte erfrischend am Feuer vorbei, das dadurch neue Kraft gewann. Draußen ein Wortwechsel, dann wütende Schritte – und sie kamen in die Höhle – verkündend hallte das rhythmische Echo im Raum. Der Mann legte das Ocker zur abgeschliffenen Kohle, wischte sich vergebens die Hände sauber und atmete tief durch. Ins flackernde Licht trat der Alte, sein Gesicht erschrak, dann aber verzerrte es sich in tiefe Wut, seine Augen hatten das Bild mehrfach abgefahren – und er schien verstanden zu haben. Hinter ihm versammelten sich die Männer und drängten sich nach und nach in jede freie Lücke. All ihre Augen sahen und ihre Hirne begriffen.
An den krummen Höhlenwänden rankte sich ein gewaltiges Bildnis; Pferde, Ochsen und Menschen waren bei der Jagd zu sehen. In den Männern hinterließen diese Abbilder Versuche neue und noch unbekannte Begriffe zu formen, ihre Körper durchfuhren dabei unerwartete Gefühle. Die meisten waren heimlich begeistert, das gaben ihre Gesichter unvermittelt preis, denn das Werk war das, was sie sich ohne hin stets bei ihren Tänzen vorzustellen versuchten. Jetzt aber ruhte es prächtig und magisch auf dem, was zuvor noch Stein gewesen war. Doch der Alte, der stets jedem die Kohle und den Ocker aus der Hand zu schlagen wusste, spürte nur Hass, fürchterlichen Hass. Denn auch ohne ein Wort dafür zu haben, dieses Bild war Ketzerei.
Seine knochigen Arme flogen in die Luft, er nahm Holzscheite und warf sie unter lauten fluchenden Schreien auf das Bildnis oder ins Feuer zurück. Dann packte er den Urheber und warf auch ihn in die Flammen. Am nächsten Tag hatte das Herz im verbrannten Körper aufgehört zu schlagen. Die anderen mussten mit Kohle das Bild schwärzen. Doch auch später zeigte man auf die Stellen, die trotz allem erkennbar geblieben waren. Allen war es ein unvergessliches Symbol geworden. Noch dann, wenn der Alte längst verrottet war, würde man sich an die Tat des Ungestümen entsinnen.

Und nun zum Text.